Stefan Schael ist mit seinem Elvis-Programm in der Kulturremise aufgetreten. Auf Haartolle und Glitzeranzug verzichtete er, nicht aber auf den Hüftschwung.
GEDERN – „Wenn man die Augen schließt und zuhört, denkt man: Er ist es, der King.“ Nicht nur Christian Renner, als Mitglied der Matz Singers besonders kritisch, wenns ums Singen geht, war überzeugt. Begeisterter Applaus kam auch von den anderen Zuhörern. 2017 war Stefan Schael, Schauspieler, Singer-Songwriter und Musiktherapeut, schon einmal mit einem Edgar-Allan-Poe-Abend beim Kulturkreis in der Remise gewesen, nun trat er dort mit seinem Elvis-Programm auf.
Er kam in schlichtem Schwarz. Auf die gegelte, schwarz gefärbte Haartolle hatte er ebenso verzichtet wie auf den Glitzeranzug mit Schlaghosen. Umso intensiver hatte er sich mit der Lebensgeschichte Presleys befasst. Er zeichnete ein Porträt des Rock- und Pop-Stars und sang dessen berühmteste Titel.
Einen authentischen Einstieg ins Thema lieferte Kulturkreis-Vorsitzende Gabi Bieger mit einem Zeitungsartikel. Unter der Überschrift „Mit Elvis am See“ erinnerte sich eine Frau, die dort 1959 als „18-Jährige im Rock-Fieber“ in Gedern Urlaub gemacht hatte, an den „ganz lieben, zurückhaltenden jungen Mann“, den sie dort kennengelernt und oft im Kabinenroller in Gederns Freizeitparadies mitgenommen hatte. Schael sang „Memories“ und erzählte episodenhaft die Geschichte des 1935 in Mississippi Geborenen: die arme, aber musikbegeisterte Wanderarbeiter-Familie, der Sieg des Zehnjährigen beim Talentwettbewerb, dotiert mit einem Fünf-Dollar-Gutschein und Freikarten für alle Fahrgeschäfte des Jahrmarkts, die Jobs als Platzanweiser im Kino und als Lkw-Fahrer, schließlich im Sun Records Studio Elvis‘ lakonischer Dialog mit der Sekretärin des Chefs: „Also wie singen Sie Hillbilly? Wie wer?“ – „Ich singe überhaupt nicht wie irgendwer.“ Wenn auch mit Zeitverzögerung war das der Beginn seiner kometenhaften Karriere. Schael hatte in historischen Zeitungsinterviews direkte Aussagen von Elvis gefunden. Ergänzt mit Texten von Weggefährten wurde so dem Publikum das Bild des halb schüchtern, halb eckig auftretenden jungen Mannes aus armer Familie geboten, der weit entfernt war von taktisch gewitzten Selbstvermarktungsstrategien. Und doch hatte Elvis von den ekstatischen Erweckungs-Gospelsängern seiner Kindheit eines gelernt: die Körpersprache. So wurde sein Aha-Erlebnis nach dem ersten großen Auftritt auf einer Freilichtbühne in Memphis/Tennessee zitiert: „Sie haben alle geschrien und ich wusste nicht warum. Mein Manager hat mir erklärt, dass sie alle schreien, weil ich mit den Hüften wackle. Da habe ich noch ein bisschen zugelegt.“ Auch Schael ahmte zur Freude des Publikums die ekstatische Körpersprache von „Elvis the pelvis“ nach.
Amüsant berichtete er über Publikumsreaktionen von damals und die Aura des Verruchten, die Sittenwächter auf den Plan rief: „Als Elvis auf die Bühne kam, begannen alle Teenager im Saal, hysterisch zu schreien und zu kreischen. Manche Mädchen begannen, sich die Haare auszureißen, andere ließen sich weinend auf den Boden fallen.“ Der Polizeichef von Nashville fackelte nicht lang mit seinem Urteil: „Dieser Mann ist Gift für unsere Jugend und gefährdet die ganze Nation.“ Die Gederner Zuhörer fühlten sich offensichtlich nicht sittlich gefährdet, sondern genossen die von Schael gesungenen Titel. Mehrfach streute er Gospels ein, auch als Hinweis auf die immer stärker werdende spirituelle Suche von Elvis, und die unverzichtbaren Songs wie „In the ghetto“ oder „Fever“.
Idyll und Tragödie: Vom jungen Liebespaar Elvis-Priscilla, den Filmerfolgen, der immer stärkeren Abhängigkeit von einem skrupellosen Manager, aber auch von Psychopharmaka, bis zum nie ganz geklärten Tod 1977 zeichnete Schael den Lebensbogen des Künstlers.
Quelle: Kreis-Anzeiger, 22.05.2019